Allgemeine Feststellungen
Prospektive oder randomisierte Studien zu den nachfolgend genannten Therapieverfahren gibt es nicht. Daher entfallen die Symbole zur wissenschaftlichen Evidenz der Empfehlung zur Diagnostik oder Therapie.
Eine konservative Behandlung spinaler Gefäßmissbildungen ist nicht bekannt. Im Falle eines asymptomatischen Zufallsbefundes ist die Abschätzung der Spontanprognose wegen unzureichender Daten äußerst schwierig. Allgemein akzeptiert wird eine Behandlungsindikation bei symptomatisch gewordenen Gefäßmissbildungen. Im Einzelfall ist bei AVMs und Kavernomen auch ein abwartendes Verhalten gerechtfertigt, wenn ein hohes Behandlungsrisiko anzunehmen ist.
Spinale durale AV-Fisteln sollten wegen der auch kurz- und mittelfristig schlechten Prognose bei meist guter Behandlungschance ohne Zeitverzug ausgeschaltet werden (B) (Behrens u. Thron 1999, van Dijk et al. 2002).
Die Bestrahlung von spinalen AVMs und Kavernomen ist wegen der hohen Strahlensensibilität des Myelons keine akzeptable Therapieoption, so dass sich nur die chirurgische Resektion oder die endovaskuläre Embolisationsbehandlung anbieten.
Spezielle Behandlung
Spinale arteriovenöse Malformationen: Bei den AVMs wird die Option einer operativen Behandlung durch die Möglichkeiten einer Embolisation mit Partikeln oder Flüssigembolisat oder auch mit Drahtspiralen (Coils) ergänzt (Berenstein et al 2004, Krings et al 2006). In der Regel wird den endovaskulären Verfahren der Vorrang eingeräumt. Ein Behandlungskonzept kann nach Analyse der Angiographie erstellt werden. Eine entsprechende Diagnostik und Behandlung sollte Zentren vorbehalten sein, die über entsprechende mikroneurochirurgische und interventionell-neuroradiologische Expertise verfügen, zumal die technischen Möglichkeiten der endovaskulären Eingriffe eine rasche Weiterentwicklung erfahren.
Kavernome: Da Kavernome endovaskulär nicht erreichbar sind, kommt weiterhin nur eine operative Entfernung in Betracht.
Spinale durale arteriovenöse Fisteln: Therapeutische Alternativen bei den spinalen duralen AV-Fisteln sind die operative Ausschaltung oder die Embolisation der Fehlverbindung mit Flüssigembolisat auf der venösen Seite. Ein erfolgreicher Verschluss einer duralen AV-Fistel führt zu unmittelbaren Strömungsveränderungen in den erweiterten intrathekalen Venen (Strömungsverlangsamung, -stase, -umkehr). Zur Vorbeugung peri- bzw. postinterventioneller/operativer Thrombosen der erweiterten Venen ist eine ergänzende Heparinisierung sinnvoll. Der chirurgische Eingriff ist bei präoperativ exakter Lokalisation der Fistel technisch einfach, da nach Eröffnung der Dura nur die den Shunt drainierende Vena radiculomedullaris unterbunden werden muss, was zur vollständigen Ausschaltung der AV-Fehlverbindung führt (Huffmann et al 1999). Die endovaskuläre Behandlung ist weniger invasiv, erreicht jedoch auch in spezialisierten interventionellen Zentren keine so hohe Rate an technischer Durchführbarkeit und erfolgreicher Ausschaltung. Bei nicht vollständiger Verlegung der venösen Abflussseite ist eine Kollateralversorgung von den benachbarten, gleich- oder gegenseitigen Segmentarterien zu erwarten mit ausbleibender Besserung oder Progression der Symptome und Defizite. Deshalb ist insbesondere nach endovaskulärer Behandlung eine engmaschige klinische Nachsorge einschließlich kernspintomographischer und gegebenenfalls angiographischer Kontrollen erforderlich. Ein Vorteil der Embolisation liegt in der problemloseren periinterventionellen Antikoagulation.
Inwieweit Patienten mit AV-Fisteln primär operativ oder endovaskulär behandelt werden, hängt somit auch von individuellen und institutionellen Gegebenheiten ab.